In der Physiotherapie halten sich erfahrungsbasierte Ansätze sehr hartnäckig und werden durchgeführt, weil „man es immer schon so getan hat“. Im Alltag wird eine Vielzahl dieser Konzepte nicht nur angewandt, sondern auch heute immer noch gelehrt, obwohl diese längst als überholt angesehen werden. Diese Tatsache erschwert es Therapeuten und Patienten, die bestmögliche Therapie zu erarbeiten und schafft an vielen Stellen falsche Vorstellungen und Erwartungen an die Therapie.
Seit mehreren Jahren stehen klassische physiotherapeutische Konzepte auf dem Prüfstand und werden systematisch erforscht, um so die Aussagen verschiedener Konzepte kritisch zu hinterfragen und auf die tatsächlich nachweisbaren Effekte hin zu untersuchen. Ein guter Therapieansatz sollte daher immer nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Beschwerdebild und den therapeutischen Möglichkeiten erfolgen – eine evidenzbasierte Physiotherapie.
Einsatz neuester medizinischer Erkenntnisse
In den letzten Jahren wird immer wieder die (Teil-)Akademisierung der Physiotherapie diskutiert und es gibt inzwischen die Möglichkeit, diesen Beruf zu studieren. Dies ist in ganz Europa bereits Alltag, in Deutschland wird jedoch bisher am schulischen Konzept festgehalten. Es ist ungemein wichtig, wissenschaftliches Arbeiten mit Datenbanken zu beherrschen und Unterschiede von Studien zu verstehen, um aktuelle Erkenntnisse recherchieren, verstehen und einordnen zu können. Nur wer sein Wissen kontinuierlich hinterfragt und neueste Erkenntnisse auffasst und in die Therapie überführt, kann sein Wissen bestmöglich zum Wohle der Patienten einsetzen.
Was bedeutet das für die Therapie?
Nach einem ausführlichen Befund wird der Patient zunächst über das Beschwerdebild sowie mögliche Ursachen und Behandlungsspielräume aufgeklärt, damit dieser die Symptome, aber auch die Aussagen von Ärzten und anderen Therapeuten verstehen und einordnen kann. Im Anschluss werden Optionen erläutert, die die Beschwerden lindern oder beseitigen können, und ebenso, welche Optionen weniger zielführend sind.
Welche Rolle die Patienten dabei einnehmen, erklären wir in Teil 2 dieser Reihe.