Wärmetherapie kritisch betrachtet – was sie wirklich bringt
Einleitung: Wärme als beliebtes, aber überschätztes Heilmittel
Wärmebehandlungen wie Infrarot- oder Heißlufttherapie gehören in vielen physiotherapeutischen Praxen zum festen Bestandteil des Angebots – auch bei uns in Wuppertal. Patientinnen und Patienten empfinden die wohltuende Wärme häufig als angenehm und entspannend. Doch die entscheidende Frage lautet: Wie wirksam ist Wärme wirklich – und was sagt die Wissenschaft dazu?
Dieser Beitrag erklärt, welche Formen der Wärmetherapie es gibt, wie sie wirken sollen und warum ihr tatsächlicher therapeutischer Nutzen deutlich geringer ist, als oft behauptet wird.
Formen der Wärmetherapie im Überblick
Wärmetherapie beschreibt den gezielten Einsatz von thermischen Reizen zur Beeinflussung physiologischer Prozesse. Die wichtigsten Verfahren in der Physiotherapie sind:
Heißlufttherapie: Trockene Infrarotstrahlung erwärmt größere Körperareale (z. B. Rücken oder Nacken) für etwa 10 – 20 Minuten. Ziel ist die kurzfristige Entspannung oberflächlicher Muskulatur – vor allem vor Massagen oder Bewegungstherapie.
Infrarottherapie (Rotlicht): Eine Infrarotlampe bestrahlt gezielt kleinere Areale, etwa Schulter oder Knie. Die Wärme dringt nur wenige Millimeter tief ein und wirkt somit rein oberflächlich.
Warmpackungen (Fango, Moor, Paraffin): Feuchte Wärme, die länger gespeichert wird und sich gleichmäßig verteilt. Häufig bei Arthrose oder chronischen Muskelverspannungen eingesetzt.
Heiße Rolle: Mit heißem Wasser getränkte, zusammengerollte Tücher werden sanft über die Haut geführt – eine Kombination aus feuchter Wärme und leichtem Druck.
Ultraschall-Wärmetherapie: Schallwellen erzeugen Wärme in tieferen Gewebeschichten. Wird selektiv bei Tendinopathien oder Narbenverhärtungen angewandt.
Wie Wärme wirkt – und wo die Grenzen liegen
Die physiologischen Effekte von Wärme sind plausibel, aber therapeutisch eng begrenzt:
- Gefäßerweiterung (Vasodilatation) mit besserer Durchblutung
- Kurzfristige Schmerzlinderung über Gate-Control-Mechanismen
- Muskelentspannung
- Subjektives Wohlbefinden
Diese Effekte sind jedoch kurzfristig und unspezifisch. Die oft beworbenen Aussagen wie „Wärme fördert die Heilung“ oder „regt den Zellstoffwechsel an“ sind wissenschaftlich nicht belegt. Tieferliegende Gewebeschichten (z. B. Muskeln, Gelenke) werden kaum messbar erwärmt.
Wissenschaftliche Evidenz: Viel Tradition, wenig Wirkung
Die aktuelle Studienlage ist eindeutig: Infrarot- und Heißlufttherapie haben keinen nachweisbaren Langzeiteffekt.
Laut der Cochrane Review aus dem Jahr 2019 besteht eine geringe bis moderate Evidenz dafür, dass Wärmeanwendungen bei unspezifischem Rückenschmerz zu einer kurzfristigen Schmerzlinderung führen können. Langfristige Effekte konnten jedoch nicht nachgewiesen werden.
Auch die AWMF-Leitlinien zu Kreuzschmerz und Gonarthrose weisen darauf hin, dass Wärmebehandlungen symptomatisch hilfreich sein können, jedoch keine nachhaltige Wirkung zeigen.
Die aktuellen Empfehlungen von OARSI und NICE (2023) sehen Wärmeanwendungen lediglich als unterstützende Maßnahme und nicht als primäre Therapieoption. Ein Vorteil gegenüber einfachen Wärmeanwendungen konnte nicht festgestellt werden, und es zeigte sich keine relevante Verbesserung der Funktion. Zudem wird darauf hingewiesen, dass Wärmeanwendungen bei akuten Entzündungen kontraindiziert sind.
Evidenzbasierte Einordnung in die physiotherapeutische Praxis
Wärmetherapie kann unterstützend eingesetzt werden, etwa zur kurzfristigen Schmerzlinderung vor Bewegung oder Training, um den Einstieg in aktive Therapieformen zu erleichtern. Zudem eignen sie sich als subjektiv angenehme Ergänzung bei chronischen Belastungszuständen. Sie ersetzt jedoch keine Bewegungstherapie, kein Training und keine Edukation und wird daher nur als ergänzendes Heilmittel verordnet.
Fazit: Wärme ja – aber gezielt und evidenzbasiert
Infrarot- und Heißlufttherapie bieten keinen eigenständigen therapeutischen Nutzen. Sie können kurzzeitig Schmerzen lindern und das Wohlbefinden steigern, nicht aber Heilung oder Funktionsverbesserung bewirken. Wärme darf wohltuend sein – sie ist aber kein Heilmittel. Ihr Platz liegt in der Unterstützung wirksamer aktiver Maßnahmen – nicht an deren Stelle.
Ihr Weg zur wirksamen Therapie
In unserer Praxis in Wuppertal setzen wir auf evidenzbasierte Physiotherapie, die aktive Bewegung, funktionelles Training und patientenorientierte Aufklärung in den Mittelpunkt stellt. Wärme kann dabei ergänzend eingesetzt werden – immer mit dem Ziel, die tatsächliche Heilung durch Bewegung zu unterstützen.
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